PA 12.05.2022: Das EU-Projekt MARVOW geht zu Ende – aber die geschlechtsspezifische Gewalt an älteren Frauen geht weiter

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      Pressemitteilung

      12.5.2022: Das EU-Projekt MARVOW1 geht zu Ende –
      aber die geschlechtsspezifische Gewalt an älteren Frauen geht weiter

      Wien, 12.5.2022. In Österreich ist Gewalt an Frauen ein dringendes Problem, da die Zahl der Femizide sehr hoch ist. 2020 und 2021 wurden laut Medienberichten 62 Frauen von ihren Partnern oder Ex-Partnern getötet und etwa ein Drittel dieser ermordeten Frauen waren über 60 Jahre alt.

      Gewalt gegen ältere Frauen ist ein großes Problem und sie nimmt auch in anderen Ländern stetig zu, aber oft fehlt die notwendige gesellschaftspolitische Auseinandersetzung darüber.
      Covid-19 hat die Situation zusätzlich enorm verstärkt und verschärft.

      Der Verein AÖF - Autonome Österreichische Frauenhäuser hat sich daher auch in den letzten zweieinhalb Jahren intensive mit dem Thema Multi-institutionelle Zusammenarbeit zur Unterstützung von gewaltbetroffenen Frauen auseinandergesetzt, nicht nur in Österreich, sondern auch gemeinsam mit Partnerorganisationen in Estland, Griechenland und EU-weit mit den Netzwerken WAVE (Women Against Violence Europe) und WWP EN (Work With Perpetrators European Network).

      Geschlechtsspezifische Gewalt an Frauen ein großes Tabu
      Ältere Frauen sind oft mit verschiedenen Formen der Gewalt und Vernachlässigung konfrontiert – physisch, psychisch, sexuell und sozial. Es ist eine Form der Gewalt, die stark tabuisiert und oft nicht sichtbar genug ist und daher kaum berücksichtigt wird. Ältere Menschen stoßen auf viele Barrieren, die es viel unwahrscheinlicher machen, dass die Gewalt erkannt, gemeldet und gestoppt wird.

      Das MARVOW-Projekt zielte darauf ab, das Bewusstsein zu schärfen und sicherzustellen, dass ältere Opfer von Gewalt anerkannt werden und die Unterstützung erhalten, die sie benötigen. Ältere Frauen sind in der Regel einem höheren Gewaltrisiko ausgesetzt, nicht nur wegen ihres Alters, sondern auch aufgrund ihres Geschlechts und weil sie oft lebenslangen (strukturellen) Benachteiligungen ausgesetzt und von vielen Abhängigkeiten betroffen sind. Opfer von geschlechtsspezifischer Gewalt haben keine Lobby, sie werden kaum wahrgenommen und es fehlen spezifische Maßnahmen und wirksame Gewaltpräventionsangebote, was wiederum dazu führt, dass sie sich kaum melden oder Hilfe holen und in Anspruch nehmen können.2

      Was wurde gemacht?
      Das MARVOW-Projekt hat 2019 begonnen multi-institutionelle Plattformen in drei Regionen in Österreich zu etablieren: Niederösterreich, Oberösterreich und Salzburg. Dabei wurden Workshops und Trainings mit allen relevanten Playern wie Opferschutzeinrichtungen, Frauenhäusern, Beratungsstellen, Gewaltschutzzentren, Pflegediensten, Sozialarbeiter*innen, Gesundheitsdiensten, Polizei, Männerberatungsstellen und Opferschutzgruppen durchgeführt und in regelmäßig stattfindenden Steuerungsmeetings die Lücken und Defizite in den jeweiligen Regionen erörtert, eine gemeinsame Haltung gegen geschlechtsspezifische Gewalt an älteren Frauen erarbeitet und täterbezogene und wirksame Maßnahmen gegen Gewalttäter entwickelt. Fallkonferenzen dienten dazu, gefährdete ältere Frauen konkret zu unterstützen.
      Es wurden Tools zur Gefährlichkeitseinschätzung vorgestellt, um nachhaltig eine verbesserte Infrastruktur für Gewaltopfer zu schaffen.

      Am MARVOW-Projekt beteiligten sich mehr als 300 interessierte Personen, davon allein 150 Fachleute, die in Österreich bei MARVOW mitmachten. Es wurden 32 Fallbeispiele besprochen, die die komplexen und vielfältigen Dimensionen veranschaulichen, die Gewalt an älteren Frauen hervorrufen kann. Diese Fallbeispiele wurden im Rahmen der 71 MARVOW-Multi-Agency-Meetings, die insgesamt stattfanden, verwendet, um Antworten und Lösungen zu finden. Es wurden zahlreiche Lücken im System identifiziert, aber auch konkrete Lösungsvorschläge erarbeitet.

      Die Evaluation hat ergeben, dass 75% der in MARVOW tätigen Fachleute nie oder selten an einer Berufsausbildung über Gewalt gegen ältere Frauen teilgenommen haben. Die Mehrheit der Fachleute gab an, dass sie bei der Erbringung von Dienstleistungen für ältere Frauen keine formellen Protokolle und Richtlinien haben oder nie verwendet haben.
      Die gleiche Beobachtung wurde im Vorgängerprojekt von MARVOW – WHOSEFVA – gemacht, wo 96,9% von 327 Fachleuten angaben, „nie“ oder „selten“ an Schulungen zu Gewalt an älteren Frauen teilgenommen zu haben. Nach der Teilnahme an den MARVOW-Treffen berichteten die Teilnehmer*innen jedoch von einer höheren Rate der Anerkennung der älteren weiblichen Opfer in ihrer täglichen Praxis und der Verwendung eines systematischen Ansatzes in ihrer Arbeit bei der Identifizierung der gewaltbetroffenen älteren Frauen.

      Für den Aufbau und Erhalt der multi-institutionellen Zusammenarbeit und Plattformen benötigt es auch finanzielle Mittel, um effektiv und langfristig gemeinsam arbeiten zu können.

      MARVOW appelliert daher an Politik und Gesellschaft, sich verstärkt mit den vielen Formen und Auswirkungen der Menschenrechtsverletzungen und Gewalt an älteren Menschen, insbesondere an älteren Frauen, auseinanderzusetzen und konkrete Maßnahmen und Hilfsangebote zu setzen. Es geht auch darum Wissen zu vermitteln und somit Sensibilisierung und Bewusstsein über Gewalt an älteren Menschen zu schaffen.3

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      Folgen Sie der Facebook-Seite und der Website von MARVOW, um Informationen über unsere bevorstehenden Aktivitäten zu erhalten und zögern Sie nicht, sich mit den Projektpartnern in Verbindung zu setzen, wenn Sie weitere Fragen haben!

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      Wichtiger Filmtipp:
      (41) Unsichtbare Gewalt an älteren Frauen - YouTube

       

      Projektpartner in Österreich, Griechenland, Estland und Deutschland:

      Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF), Österreich, Maria Rösslhumer, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein. (Leitung)
      Union of Women Associations of Heraklion Prefecture (UWAH), Griechenland, Nicholas Spetsidis, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
      Frauen- und Informationszentrum (WSIC), Estland, Pille Tsopp-Pagan, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
      Universität Tartu, Estland, Hector Pagan, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
      Europäisches Netzwerk für die Arbeit mit Tätern häuslicher Gewalt (WWP EN), Dimitra Mintsidis, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
      Women against Violence Europe (WAVE), Österreich, Elena Floriani, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

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      1 Das EU-Projekt MARVOW – Multi-Agency Responses to Violence Against Older Women / Multi-Institutionelle Zusammenarbeit bei der Unterstützung von gewaltbetroffenen älteren Frauen – wird vom Verein AÖF geleitet.
      2 Weltgesundheitsorganisation (2017), Elder Abuse Factsheet, www.who.int/mediacentre/factsheets/fs357/en/ 
      3 https://worldelderabuseawareness.com/about-weaad/

       

       

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      Details siehe hier.

      Stand: 28.3.2024

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        Mord- versuche / Schwere Gewalt

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