Pressemitteilung
Fall Dr. L.: Mildes Urteil trotz lebenslangem Quälen der Kinder
Was muss noch alles passieren, damit die Justiz Gewalt an Frauen und Kindern endlich ernst nimmt?
Wien, 12.7.2019. Der Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser ist empört über das überraschend milde Urteil gegen den oststeirischen Arzt Dr. L., obwohl er seine Kinder von frühester Kindheit an gedemütigt und gequält hat. L.s Familie war damit einem jahrzehntelangen Martyrium ausgesetzt.
Gewalt an Frauen und Kindern nach wie vor verharmlost
Seit der Familienrechtsreform 1978 ist die Züchtigung von Frauen und Kindern verboten. Ebenso sind Nötigung und Gefährliche Drohung laut Gesetz strafbare Handlungen. Aber nach vor wird Gewalt an Frauen und Kindern – wie dieses milde Urteil zeigt – durch die Justiz ignoriert oder verharmlost. Schon in den vorhergehenden Verhandlungen hielt die Opferanwältin fest, dass dieser Vater (ein Arzt!) das Leben und die Entwicklung seiner Kinder sowie seiner Frau eindeutig massiv beeinträchtigt hat. „Durch all das, was er uns angetan hat, haben wir längst lebenslänglich bekommen“, sagt eine der betroffenen Töchter.
Außerdem scheint es, dass privilegierte bzw. prominente Täter mit einem entsprechenden finanziellen Background und (politischen) Beziehungen, es sich richten können. „Hier gibt es offenbar eine Zwei-Klassen-Justiz“, so die Tochter. (Anm.: Dr. L. ist der Bruder eines bekannten ÖVP-Nationalratsabgeordneten.)
Gewaltschutzmaßnahmen endlich umsetzen
1997 trat das Gewaltschutzgesetz in Kraft und im Jahr 2013 hat Österreich die Istanbul-Konvention, das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, unterzeichnet. Damit hat sich der Staat dazu verpflichtet, alles zu tun, um körperliche, psychische und sexuelle Gewalt gegen Frauen und Kinder zu verhindern und zu bekämpfen. Wir fordern, dass es nicht bei Lippenbekenntnissen bleibt und dass all diese Maßnahmen auch tatsächlich umgesetzt werden.
Wir fordern den Staatsanwalt auf, Berufung gegen dieses milde Urteil einzulegen und diesmal das Verfahren außerhalb von Graz zu führen. Außerdem fordern wir einmal mehr Opferschutz statt Täterschutz und die Sensibilisierung aller RichterInnen, StaatsanwältInnen und JustizbeamtInnen für Opferschutz und die Folgen von Traumatisierung durch verpflichtende Fortbildungen und klare Richtlinien bei Verfahren wegen Gewalt in der Familie, sowie ein einjähriges Praktikum im Opferschutzbereich für alle angehenden RichterInnen und StaatsanwältInnen.
Kontakt:
AÖF – Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser
Mag.a Maria Rösslhumer
Tel.: 0664 793 07 89
www.aoef.at
Es gibt Hilfe!
Frauenhelpline gegen Gewalt 0800 222 555, rund um die Uhr, anonym, kostenlos und mehrsprachig: www.frauenhelpline.at
Kinderwebsite: www.gewalt-ist-nie-ok.at
Onlineberatung für Mädchen und Frauen im Helpchat: www.haltdergewalt.at