Pressekonferenz am 18. Juni 2019: Was wir von der neuen Regierung erwarten

      Armutskonferenz - gemeinsame Pressekonferenz
      pk soziale sicherung 20190618 08 ua amPodium AngelikaEistererSukzessive ernstzunehmende Umsetzung einer echten Gleichstellungspolitik, einer wirksamen Gewaltprävention sowie eine starke Investition in die soziale Sicherheit von Frauen und Kindern.
       
      Die Dachorganisation AÖF und die Autonomen Österreichischen Frauenhäuser leisten seit Jahrzehnten einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag zur Gewaltprävention, aber auch zur Armutsprävention.
       
      Sie sind lebensrettende Einrichtungen und bieten gewaltbetroffenen Frauen und Kindern Schutz, Sicherheit und umfassende Hilfe für ein gewaltfreies und selbstbestimmtes Leben. Armutsprävention ist genauso Gewaltprävention und umgekehrt.
       
      Stärken. Was läuft gut. Ist unverzichtbar.
      Österreich hatte international und in Europa lange Jahre eine Vorreiterrolle im Gewalt-und Opferschutzbereich. Das langjährige politische Engagement in der Bekämpfung von Gewalt an Frauen und Kindern hebt auch der GREVIO Bericht1 hervor und begrüßt eine Reihe positiver Maßnahmen, insbesondere die starke Führungsrolle, die Österreich in den letzten 20 Jahren bei der Einführung und Weiterentwicklung der Wegweisungen und Betretungsverbote für Täter häuslicher Gewalt eingenommen hat.
      Logo Frauenhelpline 400x310Weitere Gesetzesänderungen, insbesondere im Strafrecht haben zu einem umfassenden Katalog von Straftatbeständen geführt und weitreichende juristische und psychosoziale Prozessbegleitung für Opfer von Gewalt- und Sexualstraftaten möglich gemacht. Österreich war eines der ersten Länder, das 2013 die Istanbul Konvention ratifiziert hat und sich somit verpflichtet hat, alles zu tun, um Gewalt an Frauen zu verhindern und gewaltbetroffene Frauen zu schützen und umfassend zu unterstützen. Gleichstellung von Frauen und Männern ist verfassungsrechtlich verankert, das Recht auf Gleichstellung ist im Gleichbehandlungsgesetz festgeschrieben. Auch der Sozialstaat ist grundsätzlich stark. Das Arbeitslosengeld, Notstands- und Mindestsicherung, Kinderbetreuungsgeld, Wohnbeihilfe und Pflegegeld sind Sozialleistungen, die zum sozialen Frieden und zur Verhinderung von Armut betragen.
       
      Schwächen. Was gehört korrigiert. Was muss anders werden, neu werden.
      Solange es keine echte Gleichstellung zwischen Frauen und Männern gibt, wird es keine soziale Gerechtigkeit geben und vor allem das hohe Ausmaß der Gewalt an Frauen wird sich nicht verringern. Österreich ist noch immer ein frauenpolitisches Entwicklungsland, Gleichstellung steht nur am Papier und in einigen parteipolitischen Programmen, hat aber kaum politische Priorität für eine ernsthafte Umsetzung. Solange z.B. die Gehaltschere noch immer bei 30% in liegt, kann nicht von einer Gleichstellung gesprochen werden. Die von der vorhergehenden Regierung eingeführten Maßnahmen verschärfen diese Situation und forcieren Gewalt, den sozialen Unfrieden und die Spaltung der Gesellschaft - in besonders reich und besonders arm. Der „Familienbonus“ ignoriert, ja bestraft jene Frauen, die bereits an der Armutsgrenze leben- der 12-Stunden-Tag ist frauen- und familienfeindlich und zwingt Frauen in besonders prekäre undgesundheitsschädliche Situationen. Das Sozialhilfegrundgesetz unterstützt Abhängigkeiten, verschärft das Armutsrisiko und somit auch das Gewaltrisiko für Frauen und Kinder. Diese Maßnahmen werden großteils auf den Rücken der Frauen ausgetragen – daher fordert der Verein AÖF die Rücknahme dieser Maßnahmen.
       
      AOEF LOGO 827x1105pxGewaltbetroffene Frauen und Kinder trifft es am härtesten

      Das Armutsrisiko von Frauen und ihren Kindern, die vor gewalttätigen (Ex-)Partnern in Frauenhäuser flüchten müssen, wird sich dadurch dramatisch erhöhen. Sie werden noch mehr in Abhängigkeiten gedrängt. Gewaltbetroffene Frauen wagen nicht zuletzt auch aufgrund von finanzieller Unsicherheit oft nicht, sich zu trennen und bleiben bei ihren Misshandlern oder müssen wieder zu ihnen zurückgehen. Besonders dramatisch und vor allem lebensgefährlich ist es für Frauen, die aus Hochrisikosituationen kaum flüchten können, weil die finanzielle Sicherheit fehlt. Dazu kommt, dass langjährig etablierte Frauen- und somit auch Opferschutzeinrichtungen aufgrund der Budgetkürzungen in ihrer Arbeit beeinträchtigt werden.

      Rasche Hilfe für Migrantinnen unmöglich

      Für EWR-Bürgerinnen, die auf einen Feststellungsbescheid über ihren Sozialhilfeanspruch lange warten müssen und für jene Frauen, die ohne ein Einkommen in ein Frauenhaus flüchten, wird die Situation besonders existenzgefährdend. Das neue Gesetz wird dazu führen, dass länger unklar ist, ob Anspruch besteht – rasche Hilfe wird nicht mehr möglich sein. Ein gänzlicher Wegfall der Sozialhilfe führt zum Verlust der Existenzgrundlage, zu Armut, Obdachlosigkeit und Wohnungsverlust. Auch Neuanmietungen von Wohnungen werden für Frauen, die sich von Gewalttätern getrennt haben, auf diese Weise unmöglich gemacht. Viele Frauen und ihre Kinder werden sich außerdem einfache Grundbedürfnisse wie Ernährung, Bekleidung, Bildung und Gesundheit – geschweige denn Kultur – nicht mehr leisten können. Wir wissen, dass Kinder aus armutsbetroffenen Familien später auch arme Erwachsene sein werden, da sie verminderte Bildungs- und Jobchancen haben. Auch Gewalt pflanzt sich auf diese Weise von einer Generation in die nächste fort. Besonders hart trifft es Kinder aus kinderreichen Familien und Kinder von Migrantinnen, die noch keine fünf Jahren in Österreich leben.

      Unsere Forderungen: Politische Priorität beim Opferschutz und Rücknahme der Maßnahmen und Kürzungen

      Angesichts der dramatischen Situation fordern wir von der neuen Regierung, dass Gleichstellungspolitik und Gewaltprävention endlich oberste politische Priorität in der Umsetzung hat, sowie die Rücknahme des 12-Stunden-Tages, des „Familienbonus“ und des Sozialhilfegrundgesetzes. Dazu gehört auch die Rücknahme der Kürzungen bei Frauen- und Gewaltschutzorganisationen. Wir erwarten uns von der nächsten Regierung, dass die Armut – und nicht die armutsbetroffenen Menschen – bekämpft wird. Darüber hinaus betragen die Folgekosten der Gewalt in Österreich laut einer EU-Studie jetzt schon 3,7 Milliarden Euro jährlich und werden steigen. Wir fordern daher die Einführung einer bedarfsorientieren Mindestsicherung und eine massive Aufstockung des Budgets für Gleichstellungspolitik und Gewaltprävention – von derzeit 10 Millionen auf mindestens 210 Millionen Euro. Denn soziale Ungleichheit und deren langfristige Folgen für die Gesellschaft sind gravierend: Diese werden weitaus mehr Geld kosten als eingespart werden kann.

      Der GREVIO Bericht des Expertinnenkomitees des Europarates, veröffentlicht am 27. September 2017: http://www.aoef.at/images/03_gesetze/3-5_istanbulkonvention/Official_GREVIO-Report_Austria_Web.pdf

      Alle Infos der gemeinsamen Pressekonferenz https://bit.ly/31GYpEp

      Kontakt: AÖF – Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser, Mag.a Maria Rösslhumer, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein., Tel.: 0664 793 07 89 und Mag.a Angelika Eisterer, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein., Tel: 0650 676 13 58 www.aoef.at und www.frauenhelpline.at

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      Femizide und Mordversuche 2024

      Details siehe hier.

      Stand: 15.4.2024

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        Femizide

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        Mord- versuche / Schwere Gewalt

        Projekt-Partnerschaften

        Die Informationsstelle gegen Gewalt wird gefördert von