Presseinformation
223 Femizide sind untragbar! Männergewalt ist eine ernsthafte Sicherheitskrise für unser Land
Wir fordern daher einen grundlegenden „gesellschaftlichen Klimawandel“ gegen Männergewalt an Frauen
Wien, 27.10.2021. Anfang dieser Woche, in der Nacht von Montag auf Dienstag und am Nationalfeiertag selbst wurden gleich vier Frauen lebensgefährlich verletzt – von ihren Ex-Partnern und männlichen Verwandten. Ein 23 jähriger Mann in Linz-Urfahr stach 30-40 Mal auf seine 21 jährige Freundin ein und steckte anschließend das Haus in Brand, wobei auch eine mit ihm verwandte Frau ins Krankenhaus gebracht werden musste. In Wien verprügelte ein 28 jähriger Mann seine Ex-Freundin brutal mit einem Gegenstand, sie wurde mit schweren Verletzungen am gesamten Körper ins Krankenhaus gebracht. Am Nationalfeiertag wurde eine 47jährige Frau in Vorarlberg von ihrem 59 jährigen Lebensgefährten brutal gewürgt und musste in Krankenhaus eingeliefert werden Noch ist nicht bekannt, ob sie bereits polizeilich bekannt waren. Damit zählen wir mittlerweile 43 Mordversuche an Frauen und 22 Femizide, alleine heuer schon.
Die zunehmende Männergewalt ist eine ernstzunehmende Sicherheitskrise für Österreich
Die Brutalität und zunehmende Männergewalt an Frauen ist unhaltbar. Seit Beginn 2014 haben bereits 223 Frauen ihr Leben verloren. Dieses enorme Ausmaß an Gewalt können und wollen wir nicht mehr hinnehmen! Die Folgekosten der Männergewalt an Frauen sind nicht nur hohe volkswirtschaftliche Ausgaben; sie kostet dem Staat Milliarden (mindestens 3,7 Milliarden). Sie ist aber vor allem eine Sicherheitskrise für unsere Gesellschaft, besonders für Frauen und Kinder. Viele Frauen leben in Angst und Panik und fühlen sich vom Staat in Stich gelassen.
Was helfen uns die vielen Panzer und Abwehrflieger, wenn die Sicherheit der Frauen im Land gefährdet ist! Wir fordern daher einen grundlegenden „gesellschaftlichen Klimawandel“ mit wirksameren Maßnahmen:
• Für die Sicherheit von Frauen und Kinder benötigen wir mindestens 228 Millionen Euro mehr Geld jährlich.
• Alleine schon für die Gewaltpräventionsarbeit in Schulen und im Bildungsbereich fehlen die notwendigen Gelder. Wir fordern mindestens 4 Millionen Euro jährlich vom Bildungsministerium für die Bewusstseinsarbeit und zum Schutz und zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen gegen häusliche Gewalt. Das Sozial- und Gesundheitsministerium stellt 4 Millionen für die Männer- und Burschenarbeit zur Gewaltprävention zur Verfügung, dieselbe Summe fordern wir auch für Gleichstellungsprogramme und für die Stärkung von (jungen) Frauen und Mädchen.
• Zusätzlich benötigen wir mindestens 3000 Vollzeitarbeitsplätze für die Gewaltpräventionsarbeit in Österreich. Allein schon, um die wichtige Gewaltpräventionsarbeit mit der Community- und Gemeinwesenarbeit zu verbinden und zu koordinieren, benötigen wir mindestens 2100 Vollzeitarbeitsstellen. Um effiziente und nachhaltige Gewaltprävention zu leisten, braucht es in jeder Gemeinde in Österreich ausgebildete StoP-KoordinatorInnen, um die Nachbarschaftsarbeit gegen Partnergewalt umzusetzen. „StoP-Stadtteile ohne Partnergewalt“ ist ein Gemeinwesen orientiertes Projekt, um Femizide und schwere Gewalt zu verhindern. Der Verein AÖF bildet im Rahmen von „StoP-Stadtteile ohne Partnergewalt“ derzeit 23 KoordinatorInnen aus und leistet diese Gemeinwesenarbeit derzeit bereits an 14 Standorten in Österreich, aber auch dafür gibt es noch keine langfristige finanzielle Absicherung. Siehe www.stop-partnergewalt.at
• Aber auch die Frauenhäuser brauchen zusätzlich 120 Personalstellen mehr, um die umfangreiche Arbeit bewältigen zu können. Wir haben im Rahmen der Allianz GewaltFREI leben errechnet, dass jedes Frauenhaus mindestens 4 zusätzliche Stellen benötigen würde (2 Vollzeitarbeitsstellen für die Unterstützung von gewaltbetroffene Frauen und 2 für die Unterstützung von Kindern).
• Auch der Verein AÖF benötigt für die umfassende Bewusstseinsarbeit und Beratungsarbeit bei der Frauenhelpline gegen Gewalt mindestens 4 weitere Vollzeitarbeitsstellen zusätzlich.
• Seit 2020 sind die sicherheitspolizeilichen Fallkonferenzen bei Hochrisikosituationen gesetzlich eingeführt worden, aber tatsächlich werden sie kaum eingesetzt. Daher fordern wir eine ernsthafte Umsetzung der Fallkonferenzen bei gefährlichen Situationen, zum Schutz der Frauen und Kinder.
• Frauen in Hochrisikosituationen benötigen darüber hinaus polizeilichen Schutz, insbesondere wenn der weggewiesene Täter noch nicht gefunden wurde.
• Wir fordern „Mordfallanalysen“ nach jedem Mord, um aus den Fehlern und Lücken im Gewaltsystem zu lernen und Behördenversagen zu verringern.
• Um die hohe Anzeigeneinstellung zur verringern und die geringe Verurteilungsrate zu erhöhen, benötigt es verpflichtende Schulungen und Fortbildungen für die Justiz und die Polizei.
• Bezüglich der verpflichtenden Täterberatung gibt es noch viele Sicherheitslücken und Gefahren für von Gewalt betroffenen Frauen und Kinder. Wir fordern daher umgehend Transparenz, Einbeziehung und Information durch einen regelmäßigen Austausch der Frauenhäuser, der Frauenhelpline und Frauenberatungsstellen mit den Anbietern der Täterberatung und dem Innenministerium, sowie bundesweit einheitliche Richtlinien für opferschutzorientierte Täterarbeit.
Kontakt:
Geschäftsführerin des Vereins AÖF - Autonome Österreichische Frauenhäuser
Mag.a Maria Rösslhumer
Tel.: 0664-793 07 89
www.aoef.at